Anfänge der Ausbildung
Vorwort

Im Juni 1945 erging an die Innenministerien der Länder in der sowjetischen Besatzungszone der Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMAD), Polizeikräfte zu bilden und dafür aus der Bevölkerung politisch unbelastete Bürger zu gewinnen. Hauptaufgabe der Deutschen Volkspolizei in diesen ersten Jahren nach der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus war es, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu garantieren, die aus Hunger und Not geborene, hohe Kriminalität zu bekämpfen und den Schwarzen Markt zu unterbinden, der den Aufbau der am Boden liegenden Wirtschaft behinderte.
Nach der 1. Volkspolizeibereitschaft in Zwickau wurde am 15. August 1948 die 2. VP-Bereitschaft in Leipzig im Objekt Wiederitzsch aufgestellt (1). Insgesamt unterstanden der Volkspolizei Hauptabteilung Grenzpolizei / Bereitschaften (HA GP/B) der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI) 40 kasernierte Bereitschaften. Damit verfügte die DVP erstmalig auch über kasernierte Kräfte. Die Personalstärke der DVP-Bereitschaften betrug Ende 1949 etwa 35.000 Mann. Die VP-Bereitschaften waren in dieser Zeit spärlich ausgerüstete, nach militärischen Prinzipien organisierte und geführte Einheiten der DVP.
Im Juni 1949 wurden die Bereitschaften aus der HA GP/B herausgelöst und in Verwaltung für Schulung (VfS) umbenannt. Im Oktober 1949 wurde die Deutsche Demokratische Republik gegründet, es entstanden neue Ministerien. Ab April 1950 wurde im Zuge der Strukturierung des Ministeriums des Innern die VfS in Hauptverwaltung Ausbildung (HVA) umbenannt, der Volkspolizei Bereitschaften und Volkspolizei Schulen zugeordnet waren. Kommandeur der VP-Bereitschaften war Generalinspekteur Heinz Hoffmann.

Die medizinische Versorgung der VP-Angehörigen:
Nach der Zerschlagung des faschistischen deutschen Staates durch die alliierten Streitkräfte herrschte als Folge des Krieges in allen vier Besatzungszonen ein akuter Mangel an Ärzten und Pflegepersonal. Der Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung war beklagenswert. Nur sehr langsam wurden die Schäden, die das Gesundheitswesen in personeller wie struktureller Hinsicht genommen hatte, beseitigt. Wie alle Bürger in der sowjetischen Besatzungszone wurden auch die Volkspolizisten durch niedergelassene Ärzte oder Zahnärzte medizinisch und stomatologisch versorgt.
Nach Gründung der Volkspolizei-Bereitschaften wurden ihre Angehörigen in Krankenrevieren durch Sanitätsinstrukteure, Sanitäter und Krankenschwestern entsprechend ihrer fachlichen Möglichkeiten medizinisch betreut. Leiter der Krankenreviere waren Sanitätsinspekteure im Dienstgrad VP-Meister. Nachdem Feldschere in ausreichender Zahl ausgebildet waren, wurden sie zu Leitern der Krankenreviere bzw. der Medizinischen Punkte (Med. Punkte). Um auch medizinische Behandlungen zu ermöglichen, zu denen die Sanitätsdienstgrade oder Krankenschwestern fachlich nicht befähigt und auch nicht befugt waren, wurden sie von niedergelassenen Ärzten und Ärzten des staatlichen Gesundheitswesens unterstützt, mit denen Verträge vereinbart worden waren. Diese zivilen Vertragsärzte und Vertragszahnärzte kamen in der Regel zweimal in der Woche für ein paar Stunden in das Krankenrevier und absolvierten dort ihre Sprechstunden oder bestellten die Patienten in ihre stomatologische Praxis. Sie stellten sich auch bis in die späten 1980-er Jahre für die ärztliche Betreuung von Angehörigen der Nationalen Volksarmee zur Verfügung.
Mit der wachsenden Zahl der VP-Dienststellen, der Bildung der kasernierten Bereitschaften der Grenzpolizei 1948 und den Volkspolizei-Bereitschaften 1949 war eine halbwegs zufriedenstellende, medizinische Grundversorgung und eine zuverlässige medizinische Betreuung der Angehörigen der bewaffneten Organe unter den neuen Bedingungen nicht mehr gesichert. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, sehr schnell zunächst mittleres medizinisches Personal und in naher Zukunft auch medizinische Hochschulkader auszubilden. Die Ausbildung militärmedizinscher Hochschulkader für die bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik nahm ihren Anfang im Krankenhaus der Deutschen Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch und an der Karl-Marx-Universität Leipzig.
An der Universität Leipzig waren seit Anfang 1950 die ersten Medizin- und Pharmaziestudenten der Volkspolizei immatrikuliert. Einige schlossen hier auch ihr Studium ab (2).
Im Sommer 1951 wurde in Leipzig die Studentenkompanie gebildet. Alle in Ausbildung befindlichen ABF-, Medizin- und Pharmaziestudenten der DVP wurden in dieser Einheit zusammengefasst.
In den Jahren 1953 bis 1990 nahmen Angehörige der Kasernierten Volkspolizei bzw. der NVA an der Miltärmedizinischen Akademie "S.M. Kirow" in Leningrad ein Studium der Militärmedizin auf.



Literatur
(1) Eube, H. (Hrsg.) Lazarett Leipzig Eine kurze Geschichte 1949-1989,
Druckerei des Militärtopographischen Dienstes des Militärbezirkes Leipzig (im Besitz des Autors), S. 11
(2) Persönliche Mitteilung M. Schad