Ausbildung von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern für die bewaffneten Organe der DDR
Anfänge der Ausbildung -
Die Ausbildung von Feldscheren
Feldschere sind medizinische Hilfskräfte. Sie verkörpern eine Berufsgruppe, deren Qualifikation etwa zwischen der eines Krankenpflegers und eines Arztes einzuordnen ist.
In der DDR wurde 1951 mit der Ausbildung von Feldscheren begonnen. Zunächst in zwei Feldscherlehrgängen am VP-Krankenhaus Leipzig-Wiederitzsch, dann in der Feldscherschule im Leipziger Viertelsweg.
Zu Beginn des Jahres 1956 wurde die Feldscherschule nach Erfurt auf die Zitadelle Petersberg
verlegt und in die Schule für Rückwärtige Dienste der Nationalen Volksarmee eingegliedert. Sie unterstand fortan der Medizinischen Verwaltung des Ministeriums für Nationale Verteidigung.
Auch nach Verlegung dieser Offiziersschule 1963 nach Zittau wurden weiterhin Feldschere ausgebildet.
Für wenige Jahre wurden Feldschere auch an der MMS in Greifswald ausgebildet.
Feldschere sollten in Anlehnung an die Aufgaben der Feldschere in der Sowjetarmee in der Lage sein, eine erste Wundversorgung vorzunehmen und einfache Wunden chirurgisch zu versorgen.
In späteren Jahren gehörte die Erste Vorärztliche Hilfe (EVH) und die Behandlung des traumatischen Schocks zu ihren Aufgaben.
Sie führten auch die Ausbildung in der Ersten Hilfe für Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere in ihren Einheiten durch. Obligatorisch waren in jedem Jahr einmonatige Lehrgänge in Lazaretten oder Krankenhäusern zur persönlichen Weiterbildung.
Nach Besuch von Qualifizierungslehrgängen für Impfärzte waren sie berechtigt, Impfungen gegen Pocken, Typhus, Influenza und Tetanus durchzuführen.
Der 1. Feldscherlehrgang
Bereits 1950 wurden alle Dienststellen der Deutschen Volkspolizei aufgefordert, VP-Angehörige zu melden, die interessiert waren, ein Medizinstudium aufzunehmen.
Die Bewerber wurden auf dem Dienstwege gemeldet und nach kurzer Zeit nach Leipzig kommandiert, wo sie sich im Krankenhaus der Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch zu melden hatten.
Dort teilte ihnen der Leiter der Schule, VP-Inspekteur Dr. K. Geiger, zur Verwunderung der Studienbewerber jedoch mit, dass sie keine Ärzte sondern Feldschere werden können.
Trotz dieser Enttäuschung entschieden sich etwa 40 Bewerber, an dieser Ausbildung teilzunehmen, sie bildeten den 1. Feldscherlehrgang. Dieser Lehrgang lief von Januar bis Juli 1951 (1).
Die Angehörigen des 1. Feldscherlehrgangs waren disziplinarisch dem Krankenhaus der Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch unterstellt. Sie wohnten im sogenannten Wawilow-Haus (2), einer einstöckigen Steinbaracke, die neben den Unterkunftsräumen auch über Unterrichtsräume verfügte.
Namensgeber dieses Gebäudes war der weltberühmte sowjetische h das VP-Krankenhaus Leipzi Genetiker Wawilow.
Lehrgangsleiter war VP-Kommandeur Dr. K. Geiger, Zugführer VP-Kommissar Hans Tischer. Verpflegt wurden die Schüler durcg-Wiederitzsch.
Während des Lehrgangs behielten die Lehrgangsteilnehmer den VP-Dienstgrad, mit dem sie nach Leipzig kommandiert worden waren.
Die Bewerber, die zuvor in Polit-Organen dienten, hatten Offiziersdienstgrade (VP-Oberkommissar R. Schwarzer, die VP-Kommissare H. Löhr, G. Spangenberg, H. Michel, G. Rehwald), die meisten hatten den VP- Dienstgrad eines Unterführers bis zum VP-Meister.
Die theoretische und praktische Ausbildung erfolgte zum Teil in Hörsälen der Universität, überwiegend aber im VP-Krankenhaus durch Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität, ausnahmsweise auch durch Medizinstudenten höherer Semester (3).
Unterrichtet wurde in allen klinischen, z.T. auch theoretischen Fächern, aber stets sehr praxisorientiert. Für die Durchführung der militärischen Grundausbildung, der Schießausbildung und den Dienstsport war VP-Unterkommissar Willi Krug verantwortlich.
Am Ende der Ausbildung, in den Monaten Juli bis August 1951, mussten die Teilnehmer des Lehrgangs erworbenes Wissen und praktische Fertigkeiten in einer Abschlussprüfung, die ausschließlich von zivilen Hochschullehrern abgenommen wurde, nachweisen.
Nach bestandenem Lehrgang wurden die Feldschere zum nächsthöheren Polizeidienstgrad befördert. Die Mehrzahl der Feldschere (etwa 80%) entschied sich für einen Dienst in den Krankenrevieren der VP-Bereitschaften.
Der 2. Feldscherlehrgang
Der 2. Feldscherlehrgang begann Ende Januar 1952 und wurde Anfang Dezember 1952 beendet. Lehrgangsleiter war VP-Unterkommissar Willi Krug, der bereits als Feldwebel in der großdeutschen Wehrmacht gedient hatte.
Zum Lehrgang gehörten etwa 80 männlich und 4 weibliche VP-Angehörige. Der Lehrgang war in vier Züge gegliedert und wie der vorherige 1. Feldscherlehrgang im Wawilow-Haus kaserniert untergebracht.
Sie wurden durch die Küche des Krankenhauses verpflegt.
Die Lehrgangsangehörigen erhielten kurz nach Überführung der Feldscherschule in die KVP den militärischen Dienstgrad "Offiziersschüler".
Die gegenüber dem 1. Feldscherlehrgang um 3 Monate verlängerte Ausbildungszeit eröffnete die Möglichkeit, vor allem die praktische Ausbildung intensiver zu gestalten.
Die naturwissenschaftliche und ein Teil der klinischen Ausbildung wurden in der Universität durch Hochschullehrer der medizinischen Fakultät der Universität wahrgenommen.
Der Hauptteil der medizinischen Ausbildung in Anatomie, Innere Medizin, Chirurgie, Hygiene und Radiologie fand im VP-Krankenhaus statt.
Zur Ausbildung gehörten auch Praktika auf den Stationen des VP-Krankenhauses und in eingeschränktem Maße eine militärische Ausbildung.
Noch während des Lehrgangs wurden einige der leistungsstärksten Offiziersschüler in neu aufgestellte Einheiten der KVP kommandiert, um dort für eine begrenzte Zeit eine bessere medizinischer Betreuung zu sichern.
Erst nach einigen Wochen kamen sie zurück zum Lehrgang, konnten aber den versäumten Stoff bis zur Abschlussprüfung aufholen.
Nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung, die von Hochschullehrern der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig abgenommen wurde, wurden die Absolventen zum Unterleutnant ernannt (4). Die meisten traten ihren Dienst als Feldschere in den zugewiesenen Dienststellen an.
Einige nahmen ein Medizinstudium auf und wurden in die Studentenkompanie eingegliedert.
Das Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät
Bei Beginn der Ausbildung besaßen die Teilnehmer sehr unterschiedliche bildungsmäßige Voraussetzungen.
Nur wenige hatten das Abitur abgelegt, einige hatten bereits Jahre zuvor einen Beruf erlernt und konnten auf mehrere Jahre Berufserfahrung zurück blicken, wieder andere hatten teilweise schon im jugendlichen Alter eine Tätigkeit im Bereich der politischen Arbeit begonnen.
Diejenigen, die den Feldscherlehrgang als Abiturienten begonnen hatten, nahmen unmittelbar nach Beendigung des Feldscherlehrgangs mit Beginn des Herbstsemesters 1951 ein Medizin- oder Pharmaziestudium an der Karl-Marx-Universität Leipzig auf.
Zu ihnen gehörten u.a. Kurt König, Werner König, Axel Zeuner.
Die Feldschere aus den beiden Feldscherlehrgängen, die noch kein Abitur besaßen, mussten nach Beendigung des jeweiligen Lehrgangs ihre Unterkunft im Wawilow-Haus verlassen.
Ihnen wurde eine gut eingerichtete Villa in der Graefestraße 39 zugewiesen. Ein Nachteil war, dass sie im Winter oft nicht geheizt werden konnte.
Der einzige beheizbare Raum war ein großes Bad mit einem Gasbadeofen. Deshalb wurde dieser Raum nach einem Belegungsplan als Schreibraum genutzt. Sechs bis zehn Männer schliefen in einem der sehr spärlich ausgestatteten Zimmer.
Die Sachen wurden an Haken an den Wänden aufgehängt. Nachts deckten sie sich mit den Uniformmänteln zu.
Vom Krankenhaus Wiederitzsch bekamen sie täglich lediglich ein Thermosgefäß mit heißem Kaffee, für seine Verpflegung war jeder Student selbst verantwortlich.
Im Herbstsemester 1951 bzw. 1953 nahmen sie ein Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät auf und erwarben dort 1953 bzw. 1955 die Hochschulreife.
Literatur
(1) Richter, W., Die Ausbildung von Feldscheren und Offizieren der materiell-medizinischen Sicherstellung.
Referate anlässlich des Workshops des Arbeitskreises Geschichte der Wehrmedizin vom 20.-21.04.2004 in Leipzig, Elbe-Dnjepr-Verlag, ISBN 3-933395-86-0, S.48
(2) Eube, H. a.a.O., S. 25.
(3) Zeitzeuge Lemmens, F.-L.
(4) Richter, W. a.a.O., S. 48-49