Nach der Gründung der Kasernierten Volkspolizei am 1. Juli 1952 nahm die Zahl der in kurzer
Zeit neu aufgestellten Truppenteile und Verbände in der KVP deutlich zu. Um die erheblich
angewachsenen Anforderungen an den medizinischen Dienst zu bewältigen, waren auch
in diesem Bereich strukturelle und personelle Veränderungen unvermeidbar. Es entstanden
Sanitätsbataillone und in deren Strukturen Medizinische Punkte mit Bettenstationen, die durchschnittlich
mit 80 Betten ausgestattet waren. Auf der Grundlage des Befehls Nr. 72/52 des
Ministers des Innern wurde am 22. November 1952 die Aufstellung einer Feldscherschule
befohlen (1). Sie war nicht dem VP-Krankenhaus angegliedert, sondern der KVP-Dienststelle
in der Leipziger Olbrichtstraße unterstellt (2).(
Der Schule wurde ein aus dem 19. Jahrhundert stammender Kasernenkomplex im
Viertelsweg in Leipzig-Gohlis zugewiesen. Hier wurden die Offiziersschüler kaserniert
untergebracht und auch ganztägig verpflegt.
Feldscherschule Leipzig, Viertelsweg
Der 1. Lehrgang an der nun auch offiziell als Feldscherschule bezeichneten Einrichtung begann Anfang 1953 und umfasste etwa 50 Offiziersschüler.
Erster Kommandeur der Feldscherschule war Hauptmann Dr. Stäps, sein Stellvertreter Dr. Kelch. Mit Wirkung vom 20.10.1956 wurde Oberstleutnant Dr. Karl-Heinz Kelch die Leitung der Feldscherschule übertragen,
ihm folgten die Ärzte Dr. Geiger und Dr. Krenz. (3)
Gegliedert war der Lehrgang in 4 Kompanien, darunter eine Kompanie, die sich nur aus weiblichen Offiziersschülern zusammensetzte.
Einige Offiziersschüler besaßen bereits das Abitur, drei weitere legten in einer Sonderreifeprüfung das Abitur ab (R. Hetmanek, L. Peter und H. Schneider).
Sie verließen die Feldscherschule vorzeitig, wurden zur Studentenkompanie versetzt und begannen 1953 ein Studium an der Leipziger Universität.
Die nun vertiefte, dreijährige Ausbildung zum Feldscher (4). begann im Januar 1953 und dauerte 3 Jahre.
Um den gewachsenen Anforderungen an die Ausbildung zu entsprechen, sah der Stellenplan der Feldscherschule die Funktion eines Stellvertreters des Kommandeurs und Leiters für Ausbildung vor.
Ihm zur Seite standen Lehrstuhlleiter und Fachlehrer.
Die Lehrkräfte der Feldscherschule wurden bis zur Gründung der NVA in ihrer Lehrtätigkeit durch zwei Militärärzte der Sowjetarmee unterstützt.
Die Ausbildung umfasste die Bereiche medizinische, militärische, gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung und Ausbildung in russischer Sprache.
Der hohe Anspruch an die Feldscherausbildung kommt in ihren Ausbildungsinhalten zum Ausdruck.
Besonderer Wert wurde auf die fundierte theoretische und klinisch-praktische Ausbildung gelegt, die wie schon im ersten und zweiten Feldscherlehrgang durch Hochschullehrer der medizinischen Fakultät der Leipziger Universität wahrgenommen wurde.
Sie umfasste die Fächer Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Feldchirurgie, Krankheitslehre und Innere Militärmedizin,
Infektionslehre und Epidemiologie, Hygiene und Truppenhygiene, Arzneimittellehre und Toxikologie, Feldsanitätsausrüstung und Organisation und Taktik des Medizinischen Dienstes.
Die Kompaniechefs waren zusammen mit den Zug- und Gruppenführern für die militärische Ausbildung verantwortlich, auf die nun deutlich mehr Gewicht gelegt wurde als in den Jahren zuvor.
Die gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung wurde obligatorischer Bestandteil der Feldscherausbildung.
Sie umfasste Lektionen und Seminare und wurde durch Fachlehrer des Lehrstuhls für Gesellschaftswissenschaften gewährleistet.
Die Lehrgangsteilnehmer wurden nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung zum Unterleutnant ernannt.
Die Mehrzahl der Absolventen trat danach den Dienst in der Truppe an.
Literatur
(1) Eube, H., a.a.O., S.35
(2) Zeitzeugenaussage H. Hüller
(3) Richter, W., Die Ausbildung von Feldscheren und Offizieren der materiell-medizinischen
Sicherstellung. Referate anlässlich des Workshops des Arbeitskreises Geschichte der
Wehrmedizin vom 20.-21.04.2004 in Leipzig, Elbe-Dnjepr-Verlag, ISBN 3-933395-86-0, S.51
(4) Ebenda , S.51
Bilder:
Privat