Die Studentenkompanie in Leipzig (P. Rausch) Im Sommer 1951 wurden in Leipzig alle Studenten der DVP, die ABF-Studenten, die Medizin- und die Pharmaziestudenten der Karl-Marx-Universität und Abiturienten, die sich zum Dienst in der KVP verpflichtet hatten, zur Studentenkompanie zusammengefasst. Zur Kompanie gehörten im Einzelnen:
Bereits 1950 wurden Medizin- und Pharmaziestudenten der Karl-Marx-Universität Leipzig und der Universitäten Jena, und Rostock für die Volkspolizei gewonnen. Bereits 1950 wurden Medizin- und Pharmaziestudenten der Karl-Marx-Universität Leipzig und der Universitäten Jena, und Rostock für die Volkspolizei gewonnen. Die Bereitschaft, Angehöriger der Volkspolizei zu werden, war zu dieser Zeit unter den zivilen Studenten nicht sehr ausgeprägt. Es waren zunächst nur etwas mehr als 10 Studenten, die nach dem Eintritt in die Volkspolizei ihr Studium ohne Unterbrechung fortsetzten. So berichtet Manfred Schad in einem Brief an Rolf Rehe (1) dass im August 1950 die Studenten der Medizin Harald Hunger, Harry Hartmann, Rolf Gläsel, alle im 5. Semester, und er selbst als cand. med. im 7. Semester durch VP Oberkommissar Karl-Heinz Kelch für die Deutsche Volkspolizei geworben wurden.Auf einem Treffen im VP-Krankenhaus Leipzig unterschrieben sie in Gegenwart von VP-Inspekteur Dr. Mehlmack und VP-Oberrat Dr. Geiger einen Vertrag, in dem sie sich zu 10 Jahren Dienst in der VP verpflichteten. Zu den ersten Studenten, die in den Jahren 1950 und 1951 für einen Dienst in der Deutschen Volkspolizei geworben wurden, gehörten außer Manfred Schad, Harald Hunger, Harry Hartmann und Rolf Gläsel auch Wilhelm Goetzel, Kurt Hergert, Alfred Krause, Walter Poessel, Gerhard Schmeißer und Edgar Steiner(2). Auf dem IV. Parlament der Freien Deutschen Jugend (FDJ), das vom 27. bis 30. Mai 1952 in Leipzig stattfand, übernahm die FDJ die Patenschaft über die Volkspolizei. Angesichts der zunehmenden Aufrüstung in der Bundesrepublik folgten Tausende Mitglieder der Freien Deutschen Jugend, darunter viele Abiturienten aus Oberschulen diesem Aufruf und verpflichteten sich zum Dienst in den bewaffneten Organen. Sie verstanden ihren zukünftigen Dienst in der KVP als patriotische Pflicht gegenüber ihrem Vaterland. Etliche begannen als Offiziersschüler der KVP ein Medizin- oder ein Pharmaziestudium an der Universität Leipzig. Sie wurden der Studentenkompanie zugeordnet. Die ehemaligen ABF-Studenten und die Abiturienten des Jahrgangs 1953 und 1954 bildeten den Stamm des späteren 3. Lehrgangs der Militärmedizinischen Sektion Die Studentenkompanie hatte zu Beginn eine Stärke von etwa 25 VP-Angehörigen, sie hatte zu keiner Zeit die Personalstärke einer Kompanie und war anfangs auch nicht militärisch strukturiert. Die Studenten trugen die damals in der DVP verwendete dunkelblaue Uniform mit dunkelblauem Hemd und rotem Schlips. Am 16. Juni 1952 wurden die Einrichtungen der HVA in Einrichtungen der Kasernierten Volkspolizei überführt. Damit verbunden war die Einführung der neuen, khakifarbenen Uni-form der KVP. Die Polizeidienstgrade wurden in militärische Dienstgrade umgewandelt, der Kommissar wurde zum Unterleutnant, der Oberkommissar zum Leutnant. Sie unterstanden nun dem Minister des Innern, Willy Stoph. Chef der KVP wurde am 01. Juli 1952 Heinz Hoffmann. Mit Befehl 129/55 des Chefs der KVP über Kader(3)wurde Dr. Karl Gelbke(4) als allgemeiner Stellvertreter des Chefs des Medizinischen Dienstes der KVP eingesetzt. Militärischer Vorgesetzter der Studentenkompanie war VP-Oberkommissar Lesche, ihm folgte VP-Kommissarin Eckardt, eine ehemalige Oberlehrerin. Als Leutnant Eckardt übernahm sie Mitte 1954 eine andere Funktion. Die monatlichen Dienstbezüge der Studenten betrugen in Abhängigkeit vom Dienstgrad etwa 300 Mark. Ein militärisch organisierter Tagesablauf war unter den Bedingungen einer dislozierten Unterbringung der Angehörigen und der Spezifik eines Universitätsstudiums nicht möglich. Die Heimleiter als militärische Vorgesetzte hatten viel Verständnis für die Studenten, jeder konnte sein Studium individuell regeln. Die militärische Ausbildung beschränkte sich auf gelegentliche Dienstversammlungen und auf Elemente der militärischen Grundausbildung, Schießausbildung und auf den Dienstsport. Lediglich an staatlichen Feiertagen, wie dem 1. Mai, marschierte die Studentenkompanie in Kolonne innerhalb des Demonstrationszuges durch Wiederitzsch. Auch von der Unterkunft zur Endstation der Straßenbahn in Wiederitzsch wurde in Formation marschiert. Von dort brachte ein Sonderzug der Straßenbahnlinie 16, der für die Studenten gechartert wurde, die Studenten zu den Lehrveranstaltungen ins Zentrum der Stadt. Einige Angehörige der Kompanie begannen 1953 bzw. 1954 ein Studium an der Militärmedizinischen Akademie "S.M. Kirow in Leningrad" (W. Götzel, K. Hergert, F. Hippe, E. Kallen-bach, W. Kempf, W. Krause, H. Michel, R. Rehe, G. Rehwald, G. Schmeißer, R. Schwarzer, E. Steiner. In den Jahren 1951 und 1952 kamen aus den Bereitschaften der Volkspolizei noch ungefähr 10 bis 20 Studenten zur Studentenkompanie hinzu. Danach hatte sie eine Stärke von etwa 60-70 Studenten (4). Weil die Unterkunft in der Graefestraße nun zu klein geworden war, wurde der Studenten-kompanie eine neue Unterkunft in der Döllnitzer Straße 9 (heute Lumumba-Str.9) zugewiesen, eine geräumige, sehr gut ausgestattete Villa, die vor dem II. Weltkrieg dem Leipziger Pelz-händler Chaim Eitingon gehörte. Pelzhändler Chaim Eitingon gehörte. |
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Die Studenten wohnten zu zweit oder zu dritt in einem Zimmer.
Im Unterschied zur Graefestraße gab es in diesem Wohnheim auch eine Küche, in der eine sehr gute Köchin ("Mutter Boblitz")
dafür verantwortlich war, dass die Studenten ganztägig gut versorgt waren.
Nach Eintritt weiterer Abiturienten im Sommer 1953 in die KVP reichte auch der Wohnraum in der Döllnitzer Straße nicht mehr aus.
In einem Wohnhaus auf dem Gelände des Mitteldeutschen Rundfunks in der Springerstraße Nr. 22 wurde ein Gebäude zusätzlich
als Wohnheim für die neuen Angehörigen der Studentenkompanie eingerichtet. Die Versorgung der Studenten wurde nun in einem kleineren Gebäude in der Richterstraße Nr.6 sichergestellt. Dieses Gebäude verfügte über eine Küche und einen Speisesaal. Hier hat-ten zudem auch die Studentinnen und einige wenige Studenten (Klaus Langbein u.a.) Unter-kunft gefunden. Döllnitzer Straße 9, Springerstraße 22 und Richterstraße 6 blieben bis zur Auflösung der Stu-dentenkompanie im Jahre 1955 Wohnheime für KVP-Angehörige. Die Döllnitzer Straße 9 war das Zentrum für die Studentenkompanie, hier befand sich die Leitung der Kompanie, hier wurden alle Versammlungen durchgeführt. Kompaniechef war bis 1953 Oberleutnant Lesche, anschließend Frau Oberleutnant Eckardt. |
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Die Ausbildung an der Universität unterschied sich nicht von der der Zivilstudenten. Vorphysikum nach 2 Semestern, nach
dem 5. Semester wurde das Physikum abgelegt, nach 10 Se-mestern das Staatsexamen. Famulaturen wurden hauptsächlich in den
Semesterferien absolviert. Nach dem Staatsexamen musste die einjährige Pflichtassistenz abgeleistet werden, da-nach
erteilte der Amtsarzt die Approbation, d.h. die staatliche Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit als Arzt oder Apotheker. Im Sommer 1955 wurde die Studentenkompanie nach Greifswald versetzt, wo die Angehörigen ihr Studium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität fortsetzten. Nach Aussagen von Zeitzeugen, ehemaligen Angehörigen der Studentenkompanie, sollen zur Studentenkompanie etwa 100 männliche und weibliche Studenten gehört haben. Die Tabelle "Mitglieder der Studentenkompanie" ist unvollständig. Es ist auch denkbar, dass in der Tabelle Namen aufgeführt sind, die nicht Angehörige der Studentenkompanie waren. Für korrigierende Angaben von Lesern wären wir dankbar. |
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